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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspieler Axel Milberg
zur Tatort-Folge "Borowski und der brennende Mann"
"Realismus ist für uns eine attraktive Größe in unserem 'Tatort'"

In diesem Fall wird Borowski menschlich ziemlich viel zugemutet. Insbesondere sein Freund Schladitz zieht ihn nicht ins Vertrauen. Wie viel hält Borowski aus?

Er macht sich keine große Illusionen über die Menschen. Das heißt, dass er viel ertragen kann. Dennoch ist es für Borowski in diesem Fall eine persönliche Kränkung, weil Schladitz kein Klischee­-Vorgesetzter ist, der immer nur auf Ergebnisse drängt. Aber nicht nur menschlich, auch beruflich ist es für Borowski schwierig. Hätte Borowski früher über die Tat der Kinder Bescheid gewusst, hätte man das Ehepaar Bents vielleicht noch retten können.

Im Grunde war es bisher immer so, dass Schladitz in dieser Freundschaft mehr aushalten musste als Borowski, dessen Eskapaden er immer gedeckt hat.

Im Notfall kann sich Borowski auf Schladitz verlassen. Aber hier verhindert Schladitz’ Schweigen die Ermittlungen in die richtige Richtung.

Borowski weiß nicht so Recht, was mit Schladitz los ist. Er fühlt sich zurückgewiesen, was dazu führt, dass er nicht nur Schladitz misstraut, sondern auch gleich noch Sarah Brandt. Liegt das daran, dass Borowski durch Schladitz’ Verhalten generell misstrauisch geworden ist oder dass das Vertrauen zu Sarah Brandt noch nicht gefestigt genug ist?

Am Anfang sagt Borowski Sarah Brandt, solange sie mit ihm zusammenarbeitet, darf sie mit ihrer Erkrankung nicht ans Steuer. Später erfährt er von dem Unfall. Schladitz und Brandt sind schwer verletzt. Man hat ja oft den Eindruck, dass bei der Polizei eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Man sich gegenseitig deckt und schützt. In München gab es den Fall, dass einer jungen Frau das Gesicht blutig geprügelt wurde, obwohl ihr die Hände auf den Rücken gefesselt waren. Der Polizist, der dies getan hatte, hat zur Verteidigung be­hauptet, er habe sich von ihr bedroht gefühlt. Sie hätte ihn mit einem Kopfstoß angreifen wollen. Das wurde von den Kollegen bestätigt. Insofern ist es vorstellbar, dass auch Borowski Sarah Brandt decken würde, hätte sie einen durch Epilepsie verursachten Unfall. Aber diese Art von Polizist ist Borowski nun gerade nicht.

Anderseits ist Borowski sehr wohl in der Lage, mal nicht der Chef zu sein. Er verweist darauf, dass Frau Einigsen die Ermittlungen führt und lässt ihr den Vortritt.

Das hat etwas von dem alten Borowski, der immer sagte: "Zeigen Sie Führungsqualität!". Er lässt ihr den Vortritt und fragt nach ihrer Meinung. Er kann ja immer noch korrigieren. In diesem Fall finde ich, dass Borowski durch die Ideen von Frau Einigsen erst so richtig in Schwung kommt. Aber das ist ein Spiel, denn Borowski ermittelt ja in Frau Einigsens Zuständigkeitsbereich. Dieses Ge­plänkel – und später übernimmt Borowski in der proviso­rischen Schaltzentrale ja tatsächlich das Kommando – ist realistisch, und Realismus ist für uns eine attraktive Größe in unserem "Tatort".

Im Verhältnis zu Frau Einigsen missinterpretiert Borowski ein paar Zeichen. Provoziert dies nicht auch die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, dass er jemanden kennenlernt?

Jaaa!?

Borowskis Missinterpretation lässt ja zwei Reaktionen zu: Was bildet sich der alte Mann da eigentlich ein?! Oder: Es tut mir für Borowski leid, dass er das missversteht, denn offensichtlich fehlt ihm was.

Wir fanden diese Szene mit dem Missverständnis zuerst einmal lustig. Wir spielen hier mit den Vorurteilen gegenüber den Skandinavierinnen – in den Siebzigern gab es diese Filme von der Art "Her mit den kleinen Schwedinnen" – und Frau Einigsen haut auch in diese Kerbe, als sie sagt, dass immer alle von den Dänen glaubten, sie tränken nur Alkohol, dächten an Sex und liefen nackt in der Wohnung herum. Sie hat durch ihre Bewunderung für Borowski, den sie "Meister" nennt, ihre fast kindhafte Verehrung und die Nähe, die sie dadurch herstellt, dass sich Skandinavier schnell duzen, sicher dazu beigetragen, dass Borowski einer falschen Annahme aufgesessen ist. Naja, sie flirtet. Das verwirrt ihn. Borowski ist ja auch nur ein Mensch, ein privater Mensch, der auch Schwächen hat, die man als Zuschauer lieben kann.

Sie stammen aus Kiel. Wie haben Sie die dänische Minderheit wahrgenommen?

Unser Drehort, das Gymnasium, ist ein Geschenk im Wert von 60 Millionen Euro der privaten Stiftung des dänischen Reeders Mærsk Mc­Kinney Møller an die dänische Minderheit, die der Reeder bereits jahrelang unterstützt. Allerdings verstehe ich nicht, was mit die­sem Engagement eines Dänen außerhalb Dänemarks bezweckt werden soll. Für die Dänen habe ich, wie für alle Skandinavier, eine große Sympathie. Als Kind war ich nur einige wenige Male in den Sommerferien in Dänemark. Damals haben uns die Dänen die Nazizeit spürbar verübelt und waren nicht gut auf uns zu sprechen. Leider ist es so, dass man doch recht wenig über die Nachbarn weiß, wenn man mal genauer darüber nachdenkt.

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