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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspielerin Lisa Werlinder
zur Tatort-Folge "Borowski und der brennende Mann"
"Zwischen unseren Ländern haben wir diese Latinos, die Dänen"

Wie haben Sie die dänische Minderheit in Südschleswig wahrgenommen?

Ich habe immer wieder gehört, wie Leute dänisch ge­sprochen haben, was ich sehr interessant fand, denn mir war nicht klar, dass die Sprache dort so lebendig ist. Letztendlich gehören ja nur knapp 50.000 Menschen der Minderheit an, von denen nur 10.000 Dänisch im Alltag benutzen. Mit ein paar von ihnen habe ich auch gesprochen. Dann gibt es noch die dänischen Schulen, auf die auch Deutsche gehen. Eine interessante Beobach­tung, die ich gemacht habe, ist, dass die Südschleswiger kein Schwedisch verstehen. Die Sprachen sind sehr nah miteinander verwandt und gerade in Kopenhagen ver­steht man Schwedisch, weil dort schwedisches Fern­sehen zu empfangen ist. So passiert es, dass dort Dänen und Schweden miteinander in ihrer eigenen Sprache sprechen und sich verstehen. Aber in Südschleswig war das ganz und gar nicht der Fall, weil viele dort Dänisch als zweite Sprache gelernt hatten. Generell würde ich die Nationen mal so charakterisieren: Die Deutschen sind sehr organisiert und strukturiert, die Schweden sind nicht ganz so, aber fast, und zwischen unseren Ländern haben wir diese Latinos, die Dänen, von denen ich nicht weiß, wie sie dahin gekommen sind, denn sie sind viel freier und ungezwungener und sie haben mehr Spaß als die Schweden. Dafür leben sie aber auch zehn Jahre weniger als wir. Ja, so ist das! Wir sind irgendwie Geschwister und machen unsere Witze übereinander – das ist eine Art freundschaftlicher Konkurrenz.

Sie leben in Stockholm. Wie sieht es in Schweden mit Fremdenfeindlichkeit aus?

Unglücklicherweise wurde in den beiden letzten Wahlen eine neue, rechtsgerichtete Partei ins Parlament gewählt. Deren Hauptthema ist die Einwanderungspolitik. In Schweden war das zuvor nie ein Thema. Es ist traurig, dass sich die Zeiten so geändert haben. Die schwedische Polizei macht gerade auch Jagd auf Menschen ohne Papiere. Es leben sehr viele Immigranten aus der ganzen Welt in Schweden, denn wir waren mal ein sehr offenes und großzügiges Land. Im Grunde sind wir das immer noch, doch jetzt mit all den wirtschaftlichen Problemen versucht man immer häufiger Menschen, die unsere Solidarität brauchen, auszuschließen. Durch diese Ent­wicklung entstehen in Stockholm auch Viertel, in denen fast nur noch Immigranten leben. Ich finde das alles sehr traurig.

Wie haben Sie sich dann auf die Rolle vorbereitet?

Am wichtigsten war für mich natürlich der Text, da Deutsch meine vierte Sprache ist und die fertige Dreh­buchfassung recht knapp fertig wurde. Ich musste da eine Menge Text lernen. Aber ich habe mich auch mit der Geschichte der Region befasst und recherchiert, was es bedeutet, zur dänischen Minderheit zu gehören. Und natürlich, wie man sich als Polizistin verhält. Im Übrigen wollten wir keine Rivalitäten zwischen Sarah Brandt und Frau Einigsen. Das war uns zu vordergründig und langweilig. Warum müssen junge Frauen immer Kontrahentinnen sein? Ich glaube nicht, dass dies im wirklichen Leben auch so ist. Frau Einigsen ist von Sarah Brandts Kenntnissen inspiriert und beeindruckt, während Sarah Brandt umgekehrt von dem komischen Charakter, der Frau Einigsen ist, fasziniert ist.

Liegt es Ihnen, eine Person mit einer so fröhlichen, positiven Haltung wie Frau Einigsen zu spielen?

Klar! Aber ich mag auch dunkle Charaktere. Ich bin Schauspielerin und mag es, wenn ich abwechslungsreiche Figuren spielen kann. Aber diese Figur hat so viel Spaß gemacht, weil sie sich ein wenig über den Stereo­typ des coolen Polizisten lustig macht. Mit Regisseur Lars Kraume haben wir diesen total enthusiastischen Charakter entwickelt, der sich nicht unterkriegen lässt. Sie ist sehr neugierig und liebt ihren Job. Sie passt als Ergänzung gut in das Team aus Borowski, Sarah Brandt und Schladitz. Es hat mir viel Spaß gemacht, sie zu spielen, denn was ihren Charakter ausmacht, ist auch ein Teil von mir. Da konnte ich mal meine unbeschwerte Seite ausleben.

Kannten Sie den "Tatort" schon, bevor Sie diese Rolle angeboten bekamen?

Ja, absolut. Der "Tatort" ist ein Klassiker. Selbst hier, obwohl man ihn in Schweden zurzeit nicht sehen kann. Das war früher mal so. Dennoch hatte ich davon gehört, und da ich schon in Deutschland gearbeitet und viel Zeit verbracht hatte, hatte ich die Chance, ihn zu sehen. Um mich auf die Tonalität der Borowski­"Tatorte" vorzubereiten, hatte ich mir natürlich ein paar aus der Reihe angesehen.

Wie haben Sie die Dreharbeiten erlebt?

Die Dreharbeiten haben mir viel Spaß gemacht. Die meisten Szenen hatte ich mit Axel Milberg. Er ist sehr freundlich, hilfsbereit und offen. Und es ist brillant, mit ihm zu arbeiten. Selbst unter Stress ist er noch ein sehr kreativer Schauspieler. Außerdem schuf Lars eine sehr positive und kreative Atmosphäre, die uns Schauspieler bei unserer Arbeit unterstützt hat. Es ist nicht immer leicht, in einer Gruppe aufgenommen zu werden, die schon lange miteinander arbeitet. In diesem Fall habe ich mich sehr willkommen gefühlt.

Frau Einigsen bewundert Borowski – aber irgendwie wirkt es die ganze Zeit auch so, als ob sie ihn auch ein wenig verkaspert. War das beabsichtigt?

In der ein oder anderen Situation mag sie das tun, aber macht sie es mit Absicht? Klar ist, dass Frau Einigsen zu Borowski aufschaut. Sie mag ihn und will von ihm lernen. Sie glaubt aber, dass Borowski Sarah Brandt nicht richtig behandelt. Allerdings weiß sie nichts über den Konflikt zwischen den beiden.

Borowski missversteht Frau Einigsens Signale ab einem bestimmten Punkt. Neigen alleinstehende Männer ab einem bestimmten Alter dazu?

Wenn man jemanden mag und sich in ihn verguckt, dann kann es schnell passieren, dass man Signale entdeckt, die überhaupt nicht existieren – das kann in jedem Alter passieren. Sogar dann, wenn man gleichaltrig ist. Man darf ja nicht vergessen, dass die beiden eine gute Beziehung haben. Ich bin mir sicher, dass Borowski und Einigsen im Verlauf des Films gute Freunde ge­worden sind.

Einigsen ist sehr korrekt. Sie benutzt zum Beispiel die Gartentür, während Borowski quer über die Autoeinfahrt läuft.

Ja, sie versucht, alles richtig zu machen. Aber nicht, um anderen zu gefallen. So ist sie eben.

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