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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspielerin Sibel Kekilli
zur Tatort-Folge "Borowski und der stille Gast"
"Sarah Brandt repräsentiert die junge Generation, für die Computer ja Teil des Lebensgefühls sind"

Zu Beginn dieses "Tatorts" gibt es einen "Konflikt" zwischen Sarah Brandt und Klaus Borowski. Er betrachtet ganz "Old School" die Leiche und stört dabei den 3D-Scan, den Sarah Brandt gerade ganz "New School"-mäßig herstellt. Steht das für eine neue Generation von "Tatort"-Ermittlern: Forensik, Computer-hacken und eine gewisse Anti-Haltung?

Anti ist übertrieben, das sollte auch nicht sein, weil eine solche Haltung schnell zu voreiligen Schlüssen oder Kurzschlusshandlungen führt. Manchmal ist es besser, ruhig innezuhalten und durchzuatmen wie Borowski. Aber frech ist Sarah Brandt schon. Dadurch zeigt sie, dass sie motiviert ist und mitdenkt. Und was die Nutzung der technischen Möglichkeiten angeht, repräsentiert Sarah Brandt ohne Zweifel die junge Generation, für die Computer ja Teil des Lebensgefühls sind.

Das Verhältnis Borowski/Brandt kann als Mentoren/Schülerinnen-Verhältnis beschrieben werden. Sie lernt von ihm und er steht hinter ihr, nicht nur, wenn sie illegal den Computer des ersten Opfers untersucht.

Ja, aber er hat auch erkannt, dass er von Sarah Brandts Fähigkeiten profitiert, weil damit die Lösung der Fälle schneller vorangetrieben wird.

Sarah Brandt scheint angekommen in ihrem Beruf. Sie führt ihn souverän aus, da wird ihr Geheimnis, ihre Epilepsie, entdeckt. Wird das zu mehr Reibung zwischen ihr und Borowski führen oder sie doch enger zusammen bringen?

Einerseits schweißt es sie zusammen, aber die Entdeckung steht auch wie ein Keil zwischen ihnen und könnte sie auseinandertreiben. Denn nun stellt sich für Borowski die Frage, ob er ihr noch vertrauen kann und ob sie ihn, wenn es wirklich drauf ankommt, schützen kann. Andererseits stellt sich für Sarah die Frage, ob Borowski das Geheimnis für sich behält.

Auslöser des Anfalls war eine große Aufregung. Sarah Brandt hat anschaulich erkäärt, was ein Psychopath ist, und sich sehr in ihre Darstellung hineingesteigert. War das Zufall oder ist Aufregung tatsächlich ein Auslöser?

Epilepsie lässt sich nicht kontrollieren. Auch der Auslöser dafür nicht. Aber wenn man unter Stress steht, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Anfalls. Der emotionale Stress kann durchaus der Auslöser gewesen sein.

In der Szene, in der Sarah Brandt den Psychopathen erklärt, können Sie schauspielerisch mal so richtig vom Leder ziehen. Auch gibt es eine Schlägerei. Sind solche Szenen, in denen etwas komplett Neues von einem gefordert wird, für Sie das Salz in der Suppe der Schauspielerei?

Mir persönlich machen solche Szenen mehr Spaß als nur Text. Wenn ich nur Dialog-Szenen habe, dann fehlen mir Szenen mit körperlichem Einsatz. In der Rolle eines Kommissars passiert das ganz schnell, weil Kommissare fast nur Fragen stellen und Täterprofile diskutieren. Und wenn es dann was zu spielen gibt
wie den Epilepsieanfall oder im Film davor sogar einen Stunt, bei dem ich ins Wasser gesprungen bin, dann bin ich immer froh und dankbar.

Zu den aktiveren Szenen gehört auch die Prügelei mit Roswitha. Welche Vorbereitung ist dafür notwendig oder reicht es, wenn man nur ein bisschen so tut als ob?

Wir hatten eine sehr intensive Vorbereitung mit dem Stunt-Trainer Rainer Werner. Die Zusammenarbeit mit ihm war richtig gut und hat viel Spaß gemacht. Peri Baumeister, die die Roswitha gespielt hat, und ich hatten zuerst Einzeltraining und dann haben wir zusammen trainiert. Und gedreht wurde die Szene an einem Extradrehtag. Das war wirklich gut.

Roswitha spuckt Ihnen bei dem Kampf ins Gesicht. War das echt?

Sie hat mir tatsächlich ins Gesicht gespuckt. Alles andere hätte nicht richtig glaubwürdig funktioniert.

Wie war die Zusammenarbeit mit Lars Eidinger?

Seine Rolle ist nicht nur wirklich gut, sondern er spielt sie auch super. Ich mag Lars, der ein lustiger, netter Mensch ist.

Wenn Kai Korthals Sarah Brandts Wohnung untersucht und förmlich in sich aufnimmt, ist das eine sehr intensive, gruselige Szene. Was haben Sie persönlich dabei gefühlt?

Er riecht ja auch an den Joggingschuhen. Als die Szene gedreht wurde, war ich am Set und ich habe nur gedacht: Oh, Gott. Gut, dass ich die Schuhe in Wirklichkeit gar nicht an hatte (lacht). Als ich dann später in den Mustern gesehen habe, wie er das Brezelstück ableckt, ist es mir ergangen, wie es dem Zuschauer bestimmt auch ergehen wird: Ich empfand das Eindringen von Kai Korthals in die tiefste Privatsphäre von Sarah Brandt als zutiefst gruselig und beklemmend. Deshalb möchte ich nicht darüber nachdenken oder es mir vorstellen, denn eigentlich kann man in so einer Wohnung nie wieder leben. Wenn bei jemanden eingebrochen wird, ohne dass es der Eindringling dabei auf den Bewohner abgesehen hat, finde ich das schon beklemmend genug und frage mich, wie man sich in dieser Wohnung weiter wohl und zuhause fühlen kann, denn auch hier ist die Intim- und Privatsphäre verletzt worden.

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