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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspielerin Sibel Kekilli
zur Tatort-Folge "Borowski und die Frau am Fenster"
"Sarah Brandt ist eine junge Kommissarsanwärterin, die versucht Eindruck zu schinden"

Zwischen den vielen mittelalten, mürrischen Kommissaren, die mit der Welt hadern und die den Tatort dominieren, fällt Sarah Brandt angenehm als frech, unangepasst und immer gut informiert auf. Bereitet sie einen Charakterwechsel beim "Tatort" vor?

Ich freue mich natürlich, dass mit Sarah Brandt ein frischer Wind in den "Tatort" kommt. Aber der Unterhaltungswert hat nichts mit dem Alter der Kommissare zu tun. Es kommt vielmehr darauf an, wie die Rolle, der Charakter gestaltet ist. Den "Tatort" gibt es ja schon seit vierzig Jahren und man kann beobachten, dass immer mehr Figuren eingeführt werden, die im Alter von Maximilian Brückner, Maxim Mehmet, der den Kriminaltechniker im Leipzig-Tatort spielt, oder mir sind.

Kündigt das Positive und die grundsätzlich gute Laune, die Sarah Brandt auszeichnen, einen neuen Trend an?

Ich möchte nicht, dass es um Sarah Brandts private Probleme geht. Natürlich werden wir sie kennenlernen und einiges über sie erfahren. Aber nicht sie, sondern die Fälle sollen in den einzelnen Folgen im Mittelpunkt stehen. Meistens sind die in den "Tatorten" geschilderten Themen schon hart genug. Da muss man nicht noch etwas drauf setzen, indem die Kommissare ihre Probleme wälzen. Ich finde es viel besser, wenn als Gegengewicht auch mal mit Leichtigkeit gearbeitet wird.

Sarah Brandt ist heutig und pragmatisch. Sie stellt schon mal die Rechtsordnung in Frage, um rascher zu Ergebnissen zu gelangen, und sie weiß sich in einen Computer zu hacken. Wo sehen Sie Sarah Brandt zwischen Dirty Harry und Lisbeth Salander?

Ich mag Lisbeth Salander zwar sehr, aber ich mag es nicht, die eine Figur mit einer anderen zu vergleichen. Natürlich lässt sich bei der Menge an fiktionalen Charakteren, die mittlerweile existieren, der ein oder andere Berührungspunkt oder eine Vergleichsmöglichkeit nicht vermeiden. In unserem Fall gab es keine bewusste Orientierung an anderen Figuren. Sarah Brandt ist eine junge Kommissarsanwärterin, die bei Borowski und anderen versucht Eindruck zu schinden. Sie ist frisch und ungeduldig. Sie sieht es nicht ein, auf einen richterlichen Beschluss zu warten, wenn es auch einen schnelleren, direkteren Weg gibt, um ans Ziel zu kommen. Das allerdings führt letztendlich zu Reibungen zwischen Borowski und Sarah Brandt.

Wie wird sich das Verhältnis zwischen Borowski und Sarah Brandt entwickeln?

Natürlich ist sie eine Anwärterin, aber sie wird nicht nur die gelehrige Schülerin sein. Sie respektiert Borowski und beide werden voneinander lernen und auf Augenhöhe sein.

Sarah Brandt ist in der Lage, sehr überlegt und klar zu handeln, die Waffe zu ziehen und abzudrücken, aber sie scheint auch Angst vor der eigenen Courage zu haben, als sie das Ergebnis ihres Einschreitens sieht.

Wenn man Polizist wird, ist einem schon klar, dass irgendwann auch mal der Moment kommen wird, in dem man seine Waffe benutzen muss. In diesem Fall war das notwendig, aber dennoch steckt man dies nicht so einfach weg – davon bin ich fest überzeugt. Insbesondere, wenn einem die Konsequenzen dieses Handelns so unmittelbar bewusst werden – oder anders gesagt: Wenn einem bewusst wird, was hätte passieren können, wenn man eben nicht geistesgegenwärtig gehandelt hätte und dabei treffsicher ist.

Auch in anderen Szenen sieht man, dass es Sarah Brandt nicht ganz klar zu sein scheint, was der Beruf mit sich bringt.

Theorie und Praxis unterscheiden sich in jedem Beruf. Und umso mehr, je weitreichender die Entscheidungen sind, die man fällen muss. Das ist bei jungen Polizisten nicht anders als bei jungen Ärzten, die in der Notaufnahme in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen müssen. Mit Sarah Brandt haben wir also keine fertige Ermittlerin wie sonst immer, sondern eine Kommissarsanwärterin, die wir dabei begleiten, wie sie in den Beruf hineinwächst.

Wie war die Zusammenarbeit mit Axel Milberg?

Es macht großen Spaß, mit ihm zusammen zu arbeiten und zu spielen, aber nicht nur das. Ich schaue ihm auch gerne bei der Arbeit und beim Spielen zu.

Und wie war es mit dem Regisseur Stephan Wagner?

Auch wenn ich schon einen kurzen Auftritt in "Borowski und eine Frage von reinem Geschmack" hatte, so ist dieser "Tatort" im Grunde jener, in dem die Figur der Sarah Brandt eingeführt wird. Stephan Wagner, aber auch Christian Alvart, der die Regie beim darauffolgenden Tatort führt, haben die Rolle ausführlich mit mir besprochen und gestaltet. Das macht nicht jeder Regisseur.

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