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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Drehbuchautor Markus Busch
zur Tatort-Folge "Feuerteufel"
"Da ist so ein Gefühl von wirklichem Leben."

Sie haben das Buch zum ersten Fall des neuen NDR Ermittlers Thorsten Falke geschrieben und geben dem neuen Team damit erstmals eine Stimme. Inwiefern machte das die Arbeit zu etwas Besonderem?

Es ist immer schön, eine Figur zu haben, die noch nicht festgelegt ist. Selbst wenn man ab einem bestimmten Zeitpunkt weiß, wie die Besetzung aussieht, hat man immer noch einen großen Freiraum und kann sich schrittweise einem Menschen nähern, der noch kein Vorleben hat. Man muss erst einmal rauskriegen, wie jemand ist, wie er redet und wie er sich den anderen Protagonisten gegenüber verhält, die in so einer Geschichte vorkommen.

Was zeichnet Thorsten Falke Ihrer Meinung nach aus?

Man sucht in so einer ersten Entwicklung ja noch sehr nach den charakterlichen Einzelheiten, aber was er von Anfang an hatte und auch bis in die Realisierung hinein noch hat, ist diese Geradheit. Thorsten Falke ist auf eine sympathische Weise gerade heraus. Er lässt sich nicht verbiegen und käme auch gar nicht auf die Idee, dass man sich verbiegen lassen könnte. Das ist so ein Grundzug, der, glaube ich, die größte Konstante in seinem Wesen ist.

Es gibt eine stattliche Riege von Ermittlerteams in der ARD. Steht man da unter dem Zugzwang, eine Figur mit noch unverbrauchten Merkmalen zu finden?

Nein, wir haben eigentlich überhaupt nicht nach links oder rechts geguckt und uns gefragt, wen es da noch gibt und wie man sich von bereits vorhandenen Ermittlern abheben kann. Es war eher so, dass wir gesagt haben, da ist so ein Typ, der sitzt irgendwo in Hamburg oder kommt zumindest aus Hamburg, das ist ein echter Hamburg Jung. Dann haben wir uns gefragt: Wie ist so jemand? Wie tickt der? Wie muss man sich so jemanden vorstellen, der bei der Polizei arbeitet und speziell in diesem Fall bei der Mordkommission? Es ging also alles von der Figur selber aus und von der Überlegung, was da spannend und interessant ist. Eine Reißbrettarbeit, bei der man sich fragt, wo ist denn hier noch eine Lücke in der großen Zahl von anderen Ermittlern, bringt einen bei der Arbeit nicht wirklich weiter.

Thorsten Falke ist nicht allein. Sein Freund Katz und die Juristin Katharina Lorenz stehen ihm zur Seite. Wie gefällt Ihnen das Zusammenspiel der drei Protagonisten?

Ich finde, dass hier interessante Entscheidungen getroffen wurden. Wenn ich das jetzt sehe, habe ich das Gefühl, dass diese drei noch viele weitere Entwicklungen in ihren Beziehungen und in ihren Geschichten haben können. Man ist nicht sofort auf ein Standardteam festgelegt, sondern das Ganze behält aus der Erzählung heraus eine gewisse Offenheit. Und diese Offenheit glaube ich den Protagonisten auch. Man weiß noch nicht mal, ob Falke und Lorenz jetzt wirklich zwanzig Fälle zusammen lösen oder ob sich deren Wege trennen und wiedertreffen, wie das bei dem alten Team ist, das ja in dieser Geschichte zunächst mal gesprengt wird. Man könnte auch da schwer vorhersagen, wie es weitergeht, und das finde ich eine interessante Ausgangssituation. Trotz dieser Offenheit hat man aber das Gefühl, dass die Figuren miteinander verbunden sind und dass sie sich nie wieder verlieren werden. Da ist so ein Gefühl von wirklichem Leben; sehr vieles ist vorstellbar.

Ihr Buch behandelt mit den Autobränden in Hamburg ein aktuelles Thema. Was stand dabei für Sie im Vordergrund?

Das Stichwort "Autobrände" wurde vom Redaktionsleiter Christian Granderath aufgeworfen. Wir haben gesagt, okay, das ist ein interessantes Thema, und haben uns über die Fakten informiert, um eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, was wirklich passiert ist. Aber für eine Geschichte brauchen wir interessante Menschen, also Schicksale, wenn man so will. Es ja nicht so, dass man sagt, wir zünden jetzt ein Auto an, dann haben wir mal wieder ein neues Sujet für einen Krimi. Was ich daran interessant fand, war zu gucken: Was hängt da dran, was steckt dahinter? Und die Frage, wie Menschen darauf reagieren. Wie gehen Menschen mit dem merkwürdigen Gefühl um, dem öffentlichen Raum nicht mehr zu vertrauen? Und auch: Was passiert mit Vorurteilen, die dann sehr schnell in der Luft liegen, mit klassischen Schuldzuweisungen? Mich interessiert immer am meisten, was das ganz individuell für Menschen sind, die aus Leichtsinn, Zufall, Vorsatz oder Dummheit in so eine Geschichte verwickelt werden. Und besonders in diesem Fall die Frage: Was passiert, wenn zwei Milieus, die sich eigentlich nicht begegnen würden, plötzlich mehr oder weniger zwangsläufig miteinander zu tun kriegen?

Wie gefiel Ihnen denn die Umsetzung des Buchs durch den jungen Regisseur?

Was mir als Erstes auffiel, war, dass Özgür Yıldırım tatsächlich ein sehr gutes Ohr und ein gutes Händchen für diesen jüngeren Teil der Geschichte hat. Wir haben früh verabredet, dass ich die Dialoge in diesen Szenen eher skizzenhafter meine. Allein schon aus dem Wissen heraus, dass man sehr abhängig von der Besetzung ist, die man findet. Man muss in diesen Szenen sehr stark mit dem arbeiten, was die Schauspieler, die man besetzt, einem anbieten. Ich halte es auch für sinnvoll zu gucken, was für ein Input geboten wird, und nicht zu sagen, wir biegen die Rollen jetzt irgendwo hin, wo wir sie konzeptionell haben wollen. Diese Szenen leben davon, dass die Jungs halt so sind, wie sie sind.

Die Auflösung des Falls ist überraschend. Gab es ein Vorbild für die Figur des Jürgen Mintal?

Die Figur hat sich im Laufe der Stoffentwicklung noch etwas verändert. Sie war zum Beispiel am Anfang jünger und das war ein anderer Ausschnitt aus einer möglichen Biographie. Die Entscheidung, ihn jetzt so zu machen, fiel zum Teil erst während der allerletzten Korrekturen, als ich den Stoff im Grunde schon fast aus der Hand gegeben hatte. Die Überlegung dabei war, dass mich, was Betroffene, was Opfer angeht, zunächst mal ein Milieu interessiert, das eine große Normalität hat. Wenn man nach einem Vorbild für die Figur, für diese Rolle in der Geschichte sucht, dann war das eine Art Jedermann. Das war der Gedanke, aus dem heraus dieser zwar traurige, aber auch relativ unauffällige und normale Mensch entstanden ist. Also niemand, der schon vom ersten Moment an als in irgendeiner Weise extrem rüberkommt.

Krimis erfreuen sich großer Beliebtheit. Was zeichnet dieses Genre für Sie als Autor aus?

Das Schöne am Krimiformat ist, dass man eine eigentlich einfache Geschichte nehmen kann, also die Geschichte eines einfachen Verbrechens, und dabei eine sehr große Freiheit hat, etwas über Menschen zu erzählen. Man hat die Möglichkeit, Dramen zu erzählen, die man als Einzelstücke so kaum machen könnte, weil der Krimi einem, so makaber das klingt, einfach erst mal hilft, wenn man die zwei, drei Grundvoraussetzungen bedient. Also ganz simpel gesagt: Man braucht eine Leiche oder ein Verbrechen, denn das ist die Verabredung, wenn man einen Krimi einschaltet. Und man hat einen klaren Zeitrahmen, innerhalb dessen der Fall in irgendeiner Weise gelöst oder zumindest ausermittelt werden muss. Wenn man diese Voraussetzungen erfüllt, kann man überall hingehen. Man kann über sehr ungewöhnliche Menschen reden und über sehr ungewöhnliche Situationen, und es funktioniert trotzdem, weil es sich auf die Aufklärung eines Verbrechens stützt. Es ist eine große Qualität dieses Genres, dass es relativ wenige, aber klare Regeln gibt. Die geben einem, so merkwürdig das im ersten Moment vielleicht klingt, eine größere Freiheit als Geschichten oder Stoffe, die gar nicht formatiert sind.

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