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© ORF/ARD/Daniel Winkler
Interview mit Schauspieler Sebastian Schipper
zur Tatort-Folge "Feuerteufel" "Freundschaft ist für mich ein ganz hohes Gut."
Sie werden ab jetzt regelmäßig in der Rolle des Jan Katz im NDR-Tatort zu sehen sein. Was gefällt Ihnen an der Figur?
Was mich gereizt hat, war als allererstes gar nicht unbedingt nur die Figur, sondern auch der Kontext, in dem sie steht. Der hat mir gut gefallen, weil hier das stattfindet, was ich mir unter einer echten Freundschaft vorstelle. Mit den Freunden, die mir wirklich etwas bedeuten und die für mein Leben etwas bedeuten, führe ich Gespräche, wie ich sie sonst mit anderen nicht führe. Nicht mit Partnern, nicht in der Familie. Freundschaft ist für mich ein ganz hohes Gut, und das hab’ ich in dieser Geschichte wiedergefunden. Und schon beim Casting hab’ ich dann bei Wotan gespürt, dass wir ein ganz ähnliches Vokabular haben, was Freundschaft angeht und wie wir sie verstehen.
Was charakterisiert die Freundschaft zwischen den beiden Figuren? Was schätzt Katz an Falke?
Die einfache Antwort wäre, dass er so anders ist und die Gegensätze sich ergänzen. Aber ich glaube, der mag den einfach wahnsinnig gerne. Der mag den Falke, egal, was er sagt und tut. Die beiden blicken auf eine lange Geschichte zurück, und aus diesem Grund besteht eine so große Nähe zwischen ihnen, dass sie ehrliche, klare Gespräche miteinander führen und sich auch gegenseitig regulieren können. Wotan spielt einen sehr männlichen, starken, vehementen Kommissar, der zupackt, und zwischen ihm und seinem alten Freund Katz gibt es dann so eine Weichheit und vielleicht auch Verzagtheit, etwas Introvertiertes. In diesen Szenen wird das Spektrum nach innen geöffnet. Das finde ich interessant und es trägt eben auch zur Definition dieser männlichen Hauptfigur bei. Auf der einen Seite ist Thorsten Falke ein echter Kerl, auf der anderen Seite ist er aber auch nicht einfach nur eine dumpfe Machobacke; das funktioniert ambivalenter und vielschichtiger.
Und wer ist Jan Katz für Sie?
Das ist ein weicherer, emotionalerer Typ, der sich gerne kümmert, der gerne sowohl für seine Frau da ist als auch für seinen Freund und der sich vom Leben berühren lässt. Vielleicht ist er sich deswegen auch nicht sicher, ob er den Dienst auf der Straße weiter ausüben kann, ob ihm das nicht vielleicht zu viel wird. Ähnliches sehe ich auch bei mir, dass man als jüngerer Mensch teilweise ganz andere Schutzschilder benutzt und als natürlich empfindet. Wenn man älter wird, wird man manchmal auch ein bisschen weicher; man guckt genauer hin und lässt sich auch mehr ein. Das verbinde ich mit Jan Katz. Dass er, wenn man so will, über die Jahre weicher, empfindsamer geworden ist.
Was wünschen Sie sich denn für die weitere Ausgestaltung? Was können Sie sich für Ihre Rolle vorstellen?
Ich wünsche mir, dass es weiterhin einen Raum gibt für diese Freundschaft, wie auch immer sich das ergibt. Diese Gespräche, in denen Unsicherheit und Zweifel erlaubt sind, in denen die Reflexion darüber stattfindet, ob das, was wir tun, richtig ist, und in denen wir uns Gedanken darüber machen, wer wir sind und wer wir sein wollen. Diesen Check-up wünsche ich mir, den man immer mal wieder braucht, aber auch den Streit und den Humor, die zu einer Freundschaft gehören. Ich wünsche mir, dass diese Partitur von Freundschaft nicht nur gehalten, sondern auch weiter ausgedehnt wird, dass man von dem anderen auch Sachen verlangt und ihn daran erinnert, wofür man mal gestanden hat.
Wir verdanken Ihnen mit "Absolute Giganten" einen der schönsten Filme über Freundschaft und über Hamburg. Beides spielt auch hier eine große Rolle. Ist das Zufall, oder haben Sie eine besondere Bindung an die Stadt?
Das ist natürlich erst mal Zufall, denn eigentlich wurde ja nur jemand gesucht, der Katz spielt, und da wurde bestimmt nicht gesagt, das würde dann ja bei mir besonders gut passen. Aber dass ich zu diesem Casting gefahren bin, ist überhaupt kein Zufall. Ganz genau diese beiden Aspekte, Hamburg und Freundschaft waren das, was mich an diesem Projekt, an dieser Rolle gereizt hat. Jetzt regelmäßig in Hamburg zu sein, finde ich super. Und die Erarbeitung des Phänomens Freundschaft mit Film und Kamera und Szenen und Dialogen spielt auch weiterhin eine Rolle bei mir. Dass ich das ab jetzt zusammen mit Wotan machen kann, finde ich großartig. Das ist ein Kollege, wie er im Bilderbuch steht und es ist ein großes Vergnügen, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Sie sind selbst Filmemacher. Wie gefiel Ihnen die Arbeitsweise des jungen Kollegen Özgür Yıldırım?
Das ist ein großartiger Kollege. Man will ja von einem Regisseur zwei Dinge: Man will, dass er offen ist und zuhört. Aber gleichzeitig braucht man ohne Wenn und Aber das Gefühl, dass da jemand auf der Brücke steht, der die Gesamtreise im Blick hat, und nicht nur von Hölzchen auf Stöckchen bei Entscheidungen mitmacht. Und das, muss man wirklich sagen, hat Özgür Yıldırım einfach drauf, das ist in seine DNA eingeschrieben.
Fällt der Rollenwechsel manchmal schwer oder gefällt es Ihnen, anderen bei dem zuzusehen, was Sie sonst tun?
Ja, das gefällt mir auf jeden Fall. Als Filmemacher denke ich vielleicht noch, wenn ich mir über die Figur Gedanken mache, ob das alles Sinn macht oder meinen Erfahrungen entspricht. Aber wenn es dann als Schauspieler losgeht, finde ich es eben auch herrlich, keine Verantwortung für den ganzen Wahnsinn zu tragen. Ich glaube, ich mache mir sogar viel weniger Sorgen und Gedanken als manch anderer Schauspieler, der vielleicht irgendwie denkt: Ach, Regieführen, das würde ich auch gern mal machen. Früher habe ich auch viel eher drüber nachgedacht, was man alles noch ändern oder besser machen könnte. Heute find ich’s herrlich, einfach meine Szenen zu spielen und den anderen darüber hinaus bei der Arbeit zuzugucken.
(Text: NDR Presse und Information)