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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspieler Wotan Wilke Möhring
zur Tatort-Folge "Feuerteufel"
"Es reizt mich, mal der zu sein, der bleibt."

Sie führen ab jetzt eines der Ermittlerteams des NDR "Tatorts" an und lösen zweimal jährlich Fälle in
der näheren und weiteren Umgebung von Hamburg. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?

Es reizt mich, mal der zu sein, der bleibt. Sonst gehöre ich immer zu denen, die gehen, wenn ein Film abgedreht ist. Man verabschiedet sich und sieht sich irgendwann wieder oder auch nicht. Hier bin ich jetzt mal der, der bleibt, der den nächsten Regisseur empfängt und den nächsten Kameramann etc. Das ist der große Unterschied zu allen Sachen, die ich vorher gemacht habe. Außerdem finde ich es interessant, Geschichten nicht komplett zu Ende zu erzählen, sondern Fährten in die Zukunft zu legen; jeder unserer Filme ist nur eine Episode im Leben des Ermittlers. Und dann ist da natürlich auch die Beteiligung an so einem fast heiligen Format wie dem "Tatort", die für mich neu ist. Sonntags um Viertel nach acht den "Tatort" anzuschauen ist eine Tradition mit einer riesigen Fangemeinde geworden, und ich finde es spannend herauszufinden, ob man sich selber treu bleiben und trotzdem dieser Fangemeinde, die ja auch ihren Anspruch hat, gerecht werden kann.

Mit dem NDR verbindet Sie eine lange, erfolgreiche Zusammenarbeit ...

Ja, das ist auch der Grund, weshalb ich mich für den NDR und diese Form der Zusammenarbeit entschieden habe. Weil ich mit dem Sender einfach tolle Erfahrungen gemacht habe, was Filme angeht. "Kuckuckszeit" und "Homevideo", der als bester Fernsehfilm mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, und auch "Soul Kitchen", der vom NDR koproduziert wurde, gehören dazu. Außerdem mag ich den Norden. Ich fühle mich da sehr wohl und freue mich auch deshalb auf die Arbeit.

Ermittler Thorsten Falke hat eine sympathische, jugendliche Ausstrahlung, aber er ist auch ein Typ mit Ecken und Kanten. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Er hat einige Seiten, die ihn mit mir persönlich verbinden. Er ist impulsiv, hält viel von Kameradschaft und ist sehr zuverlässig. Thorsten Falke ist in einem Problemviertel von Hamburg aufgewachsen, in Billstedt, was man ihm in seinem ganzen Gestus auch noch anmerkt. Er ist jemand, der aus dem Bauch heraus agiert und entscheidet und sich auf seine Intuition verlässt. Damit ist er eigentlich immer sehr gut gefahren. Aufgrund seiner Herkunft kennt er auch die andere Seite des Gesetzes gut, aber er besitzt einen großen Gerechtigkeitssinn und hat sich irgendwann entschieden, dass er auf der richtigen Seite stehen will. Er betreibt seine Arbeit mit Leidenschaft und geht darin voll auf.

Welche Fälle werden ihn in Zukunft beschäftigen? Was kann man dazu bereits sagen?

Wir haben uns für Großstadtthemen entschieden; Thorsten Falke ist ein Großstadtmensch, auf dem Land wird er nur in Ausnahmefällen ermitteln. Wir möchten von Themen erzählen, die auch gesellschaftspolitisch interessant sind. Und dabei sollen immer die Fälle im Mittelpunkt stehen, die Härte der Fälle und das, was sie in dem Ermittler selbst auslösen. Es bleibt natürlich nicht aus, dass es auch mal um Privates geht, aber das soll auf keinen Fall im Vordergrund stehen.

Falke arbeitet gern im Team. Sein bisheriger Partner Jan Katz ist zugleich sein Freund. Wie würden sie das Verhältnis der beiden zueinander beschreiben?

Die beiden kennen sich schon ewig. Sie sind Jugendfreunde, und Thorsten Falke findet es natürlich toll, jemanden zu haben, den er nicht erst durch den Polizeidienst kennt, sondern auf den er sich schon vorher eingelassen hat durch das gemeinsame Aufwachsen. Umso mehr trifft es ihn, dass Katz ihm nicht vorher sagt, dass er in den Innendienst wechselt; das empfindet er als Hochverrat. Ihm ist wichtig, dass man den wenigen Freunden, die man hat, in die Augen gucken kann und da die Wahrheit sieht. Deshalb ist er stinksauer, als das passiert, aber das Verhältnis zwischen den beiden bleibt trotzdem sehr freundschaftlich. Katz ist einfach sein bester Freund. Das ist der, der sich erlauben darf, auch private Fragen zu stellen.

Während sein Freund eine Familie gründet, lebt Falke das Leben eines modernen Großstadt-Singles. Ist das Programm oder ist er eigentlich auf der Suche?

Was heißt auf der Suche? Alle Menschen wollen lieben und geliebt werden und glücklich sein, insofern befindet er sich in einer Art Schwebezustand. Er würde nie sagen, dass er generell nicht an einer Beziehung interessiert ist. Das wäre ja am Leben vorbei, aber Thorsten Falke steht voll im Leben. In seinem Leben ist eben gerade nicht viel Platz für Privates, ganz egal, woher das kommt. Vielleicht ist das ein Schutz, dass er sich so in die Arbeit wirft, aber ich glaube schon, dass das Thema in ihm arbeitet. Als er hört, dass sein Freund Vater wird, sieht man ja, dass er plötzlich auch recherchiert, was eigentlich sein Sohn macht, der gar nicht weiß, dass er sein Vater ist.

Katharina Lorenz, die neue Kollegin an Falkes Seite, hat zunächst einen schweren Stand. Liegt das nur daran, dass Falke sich erst umgewöhnen muss?

Er begegnet ihr zunächst mit einem großen Misstrauen, aber das liegt vor allem daran, dass er die Enttäuschung über Katz’ Abschied noch nicht verdaut hat. Er wollte lieber mit einem Kumpel ermitteln, da spricht man ganz anders und geht anders miteinander um. Aber plötzlich ist das alles weg und er hat es mit einer Frau zu tun, die auch noch total attraktiv ist. Da muss er sich völlig neu sortieren, und alles Neue ist ihm erst mal suspekt. Hinzukommt, dass Katharina Lorenz ein ganz anderer Typ Mensch ist als er. Falke ist immer froh, wenn er draußen ist, wenn er auf der Straße ermittelt und nicht im Büro Berichte schreiben muss. Schreibtischarbeit und Akribie sind nicht sein Ding. Die neue Kollegin ist da ganz anders. Sie ist nicht impulsiv, sondern erledigt erst mal ganz nüchtern ihre Arbeit.

Im ersten Fall geht es um Autobrände in der Stadt. Das ist ein recht neues Phänomen. Was drückt sich in Ihren Augen darin aus?

Wir haben versucht, möglichst viele Seiten des Problems darzustellen. Autobrandstiftungen können politisch motiviert sein, und es ist auch eine Auseinandersetzung zwischen Arm und Reich. Da sucht man sich dann Ziele aus, die den Leuten richtig wehtun, wo man sie am meisten treffen kann, und das Auto ist nun mal immer noch der Deutschen liebstes Kind, das Statussymbol Nummer eins. Hinter solchen Autobränden kann aber auch Versicherungsbetrug stecken. Oder es sind Trittbrettfahrer, die sich beweisen wollen und es einfach toll finden, wenn sie was anzetteln. Das Ganze ist ein Großstadt-Phänomen. Auf dem Land macht das keiner.

Bei den Ermittlungen beweist Falke ein gutes Händchen im Umgang mit Billstedter Jugendlichen. Liegt das an seiner unausgelebten Seite als Vater oder ist ihm das Leben als Underdog einfach noch vertraut?

Ja, Thorsten Falke kennt mit Sicherheit den Ton der Straße noch. Billstedt ist nicht seine bevorzugte Gegend, um zu ermitteln, weil er da natürlich auch daran erinnert wird, wo er herkommt. Aber in diesem Fall bekommt das fast so eine pädagogische Art, weil er weiß, woher der Zorn dieser Jugendlichen kommt, er weiß, woher ihr Aufbegehren kommt. In den Familien, in den Zellen dieser Gesellschaft brodelt es, und das findet seinen Ausdruck auch in der Gewalt nach außen. Falke weiß das, aber er weiß auch, dass diese Jungs alle irgendwo einen Punkt haben, der okay ist. Es gibt Dinge, die gehen zu weit, und die muss man unterbinden. Aber diese Menschen an sich werden nicht verurteilt. Falke kann das trennen, und das ist eben auch seiner Herkunft zu verdanken.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich für Ihren "Tatort" wünschen?

Ich wünsche mir, dass uns gute Bücher gelingen und dass die Arbeit immer so viel Spaß macht wie dieser erste Film. Das war ein Freudenfest. Der Dreh mit Özgür Yıldırım war eine richtig tolle Arbeit. Und ich wünsche mir natürlich, dass das den Leuten gefällt. Auch wenn die Fälle sicher nicht immer alle gleich gut ankommen werden, wünsche ich mir, dass wir spannende Fälle erzählen, die was mit einem zu tun haben oder die auch einen gesellschaftspolitischen Aspekt haben, wie jetzt dieser Film. Wenn uns das gelingt, bin ich guten Mutes.

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