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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Regisseur Christian Alvart
zur Tatort-Folge "Borowski und der coole Hund"
"Die Geschichte eignet sich ganz besonders dafür, den Horror im Kopf entstehen zu lassen"

Was hat Sie an der Geschichte von Borowski und dem coolen Hund gereizt?

Die spannende Vorlage von Mankell triefte vor Atmosphäre und hatte eine düstere, spannende Grundstimmung, die mich sofort gereizt hat. Ich sah in dem  Stoff die Möglichkeit, ganz besonders im Rahmen der "Tatort"-Reihe den guten alten Krimi wieder einmal an seine Genre-Wurzeln zu erinnern und den Schwerpunkt mehr auf die Thriller-Aspekte und die Figuren der Ermittler zu konzentrieren. Es gilt ja allgemein als große Stärke der Reihe, dass sie sich sozialkritisch mit unserer Gesellschaft auseinandersetzt und da habe ich natürlich auch nichts gegen. Aber manchmal wird mir die Spannung zugunsten des Dramas zu sehr vernachlässigt. Jeder mag seinen Krimi anders, doch Thrill und Suspense  haben mich schon immer ganz besonders gereizt.

Wie geht man mit einem Stoff um, der auf der Vorlage eines der beliebtesten Krimiautoren Europas basiert?

Ich hatte zu meinem großen Bedauern keine Möglichkeit, mich mit Mankell über den Stoff auszutauschen. Ich habe, wie die meisten Thriller-Fans, alle Wallander-Romane Mankells verschlungen und sicherlich hat das eine oder andere mich bei meiner Inszenierung beeinflusst. Ich bin selber gespannt, was Mankell zu dem fertigen Werk sagen wird.

Verfilmungen von Mankell-Romanen sind nicht jugendfrei. Dennoch weist dieser "Tatort" Mankell-typische Grausamkeiten auf. Wie haben Sie diese Herausforderung gelöst?

Als Regisseur ist man nie frei von Sachzwängen. In diesem Fall ist die "Tatort"-Reihe nun mal ein Prime-Time-Format, das um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird. Dessen war ich mir natürlich schon bei meiner Zusage bewusst. Trotzdem erwartet der Mankell-Fan natürlich einen Reise an den Abgrund und ich bin von der Redakteurin ermutigt worden, meiner Fantasie im Rahmen der Möglichkeiten freien Lauf zu lassen. Vieles wird nur angedeutet, aber meiner Meinung nach eignet sich die Geschichte ganz besonders dafür, den Horror im Kopf entstehen zu lassen. Man wird überzeugt sein, Dinge gesehen zu haben, die wir ganz bestimmt nicht gezeigt haben.

Sie haben in Hollywood gedreht und sich einen Namen als Genre-Regisseur gemacht. Was haben Sie hier mitgenommen, das Sie für den "Tatort" nutzen konnten?

Ich liebe Genrefilme, das war auch schon vor meinen Hollywood-Ausflügen so, und das wird auch so bleiben. Das "Tatort"-Format ermöglicht es durch seine hohe Variabilität dem Regisseur seine persönlichen Stärken und Vorlieben in die Reihe einzubringen. Die inzwischen leider verstorbene Redakteurin Jeanette Würl hatte sich "einen richtigen Thriller" für ihre Borowski-Reihe gewünscht und mich deshalb für dieses Projekt angesprochen. Ich denke, das wäre ohne meine Erfahrung mit Genrefilmen so nicht passiert.

Dieser "Tatort" zeichnet sich durch eine hohe Visualität aus. Zu Beginn sieht man die Welt durch den Blick des Hundes, die Öresund-Brücke, die Umsetzung der Morde. Wie war Ihre visuelle Idee und wie verlief die Zusammenarbeit mit Kameramann The Chau Ngo?

Die Zusammenarbeit mit Chau ist ein Traum, weil wir uns über unsere lange Zusammenarbeit inzwischen ohne viele Worte verstehen. Trotzdem komme ich, wie bei allen meinen Projekten, mit einem komplett bis auf die letzte kleine Einstellung ausgearbeitetem visuellen Konzept an jedes Set, das ich in diesem Fall nicht in einem Storyboard, sondern in detaillierten Shotlists niedergeschrieben hatte. Die Shotlists wurden morgens an das ganze Team verteilt. Bei allen Projekten gehören übrigens auch viele weitere Mitarbeiter zum festen Team, denn auch Szenenbild und Kostüm sind für das visuelle Erzählen von Genres von essentieller Bedeutung, und bei dem hohen Arbeits-Tempo eines Fernsehfilms muss ich mich blind auf diese Departments verlassen können.

Tollwut ist - wie im Film auch dargestellt – eine im Grunde ausgerottete Krankheit. In Deutschland wähnen wir uns vor lebensbedrohenden Infektionskrankheiten weitestgehend sicher, obwohl es neben HIV noch viele andere reale Bedrohungen gibt. Inwiefern soll das Tollwut-Thema an dieses Problematik erinnern?

Krankheiten sind nun mal die wahren Killer, die eine wesentlich höhere Opferzahl vorzuweisen haben als  jeder menschliche Mörder.

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