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Tatort - Geburtstagskind - Delia Mayer (Liz Ritschard), Stefan Gubser (Reto Flücker) / © ORF/ARD/Daniel Winkler

Interview mit Schauspieler Dominic Raacke
zur Tatort-Folge "Machtlos"

Herr Raacke, die Vorbereitung für diesen Tatort war etwas umfangreicher als gewöhnlich. Wie genau sah sie aus?

Unser Regisseur Klaus Krämer und der Produzent Mirko Schulze standen bereits während der Recherche zum Drehbuch im engen Kontakt mit der Berliner Kriminalpolizei. Krämer war da sehr genau und wollte es vermeiden, dass wir wie Fernsehpolizisten agieren. Er forderte von uns die Disziplin, der sich auch die echten Kommissare unterwerfen müssen, wenn es um die Entführung eines Kindes geht. Das Wohl des Kindes steht immer an erster Stelle, da ist kein Platz für Befindlichkeiten. Alles läuft strikt nach Plan, alles im legalen Rahmen. Allein die Tatsache, dass man den Entführer nach der Festnahme unter keinen Umständen auf freien Fuß setzen darf – selbst wenn er uns vielleicht auf die Fährte zu dem entführten Jungen bringen könnte – muss man erst mal akzeptieren lernen. Das ist das Gesetz und daran hat man sich zu halten. Für mich war das nach vielen Jahren Tatort ein neuer Blick auf die Sache. Es ist mir auch erst mal gar nicht leicht gefallen, den Fall so stoisch und rational zu behandeln. Natürlich dachte ich mir, dass gerade einer wie Ritter, der schon mal Druck ablässt, es nicht ertragen kann, dass ihn der Entführer dermaßen traktiert und hinhält. Aber es galt die Ansage, Dienst nach Vorschrift, keine Übergriffe, keine Gewalt.

Was ist Ihnen bei der Zusammenarbeit mit den "echten" Kommissaren besonders aufgefallen?

Man merkt ihnen an, dass sie Polizisten sind. Es ist ganz sicher ihr Status, aus dem sie ihre Kraft schöpfen. Ein Teil dieser Kraft kommt aber sicher auch aus ihrer Erfahrung. Diese Leute haben täglich Umgang mit Verbrechen, menschlichen Abgründen, Opfern und Tätern. Ausnahmesituationen sind ihr Alltag. Um damit klarzukommen, brauchen sie Klarheit, Härte und Abgeklärtheit. Mir fiel aber auch ihre physische Präsenz auf. Ihr ganzes Auftreten ist geprägt davon, sich in ihrer Welt zu behaupten. Die Kriminalpolizei ist streng hierarchisch organisiert und Teamarbeit ist essentiell. Man kapiert schnell, warum echte Polizisten beim Betrachten von Fernsehkrimis vor allem den Kopf schütteln. Nach polizeilichen Standards gemessen, wären die meisten TV-Ermittler schon nach ihrem ersten Fall vom Dienst suspendiert. Aber natürlich wissen die echten Kollegen auch zu unterscheiden zwischen Fiktion und Realität und haben genauso ihre Lieblinge, wie andere Zuschauer auch.

Die Vernehmungssituationen bei diesem Tatort sind extrem. Es geht um das Leben eines Kindes und der Täter schweigt beharrlich. Wie bleibt man da ruhig?

Es war nicht einfach. Es gehört schon Selbstbeherrschung dazu, einem potentiellem Kindermörder nicht zu nahe zu treten, zumal er sich – in unserem Fall – komplett unkooperativ zeigt. Gleichzeitig ist mir klar geworden, dass man als Polizist nicht der Gegner des mutmaßlichen Täters ist, sondern im besten Fall seine Vertrauensperson. Keiner ist dem Täter in so einem Moment näher als der Polizist. Da kann man zum Geburtshelfer eines Geständnisses werden, dem Täter quasi beistehen, ihm helfen sein Gewissen zu erleichtern. Das war ein völlig neues Erlebnis. Und plötzlich kamen mir all die Klischees, die man so oft gesehen und auch schon selbst gespielt hat, lächerlich vor. Sprüche wie, "nun reden Sie endlich, verdammt noch mal...!" waren gar nicht mehr möglich. Vielmehr ging es darum, die Machtlosigkeit zu erleben und auszuhalten, die uns dieser ganz spezielle Fall bereitete. Das war anstrengend und ich bekam eine Ahnung davon, wie intensiv ein Polizist so eine Entführung erlebt. Der Fall ist allgegenwärtig, man bekommt allenfalls ein paar Stunden Schlaf, ansonsten ist man rund um die Uhr voll und ganz damit beschäftigt. Entspannung tritt erst ein, wenn die Sache vorbei ist.

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